Verliebt in einen Gott?

 

Hallo, erinnert ihr euch noch? Ja kommt näher, lasst uns einmal mehr einer Geschichte nachgehen, einer Geschichte, undurchsichtig und mystisch, wie man sie gern aus dem Reich der Tuach na Moch hört. Wie man weiß, sollte man im Umgang mit den Tuach na Moch vorsichtig sein. So sagt man doch, sie seien verschlagen und mit Vorsicht zu genießen, zu Streichen und Prahlereien aufgelegt und ja, sogar boshaft sollen sie sein. Also folgt uns geschwind zum altbekannten Treffpunkt in die Taverne zur alten Traube und lasst uns wieder einmal einer Geschichte Rhys lauschen. Seht, wie die Lichter der Traube durch die offenen Fenster in die Nacht leuchten, die Geigen wieder leise ihre Weisen erklingen lassen und weit in der klaren und warmen Nachtluft tragen. Hört ihr schon das Klirren der Humpen, das Gröhlen der fröhlichen Zecher? Auch heute sieht er wieder stattlich aus, dort am Tisch der höheren Gesellschaft. Lässig hat er sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und lässt den Blick seiner glitzernden Augen über die Anwesenden schweifen, was für ein Mann, seht ihn euch an. Diese engen, wiesengrünen Beinkleider, die jeden Muskel deutlichst hervor treten lassen, das erdbraune Wams, welches halb offen einen Blick auf die kräftige behaarte Brust frei gibt, was für ein Anblick. Doch wollen wir schweigen und uns ganz der Betrachtung der Geschichte hingeben, welche er heute auf Wunsch der Gäste von sich geben mag. Höret, schweiget, er beginnt!

 

"Vor noch gar nicht so vielen Jahren, ich war schon glücklich im Hafen der Ehe angelangt und ging auch mit Demut meinen ehelichen Pflichten und Rechten nach,…" Gekicher aus allen Ecken unterbricht diesen Redefluss. "Ja, meine Freunde, meinen ehelichen Pflichten und Rechten, ist eine Ehe ja doch nicht immer nur eine Freude, sondern birgt auch gewisse Unannehmlichkeiten, doch soll das heute nicht unser Thema sein. Zu ungern will ich euch langweilen, mit meinen Sorgen." Damit nimmt er erhaben die Beileidsbekundungen entgegen und fährt dann fort in seiner Geschichte. " Es war also meine Schwester, trotzdem längst im heiratsfähigen Alter, nicht dazu zu bewegen, sich für irgend einen Mann zu entscheiden. Sie wollte ihre Freiheit genießen, wie sie es nannte und etwas erleben, in die Welt hinaus gehen. Ich sage euch, unseren Eltern hat das gar nicht gefallen, doch natürlich konnten sie meine Schwester nicht dazu zwingen, das hat noch nie jemand vermocht, wenn man einmal von der alten Geschichte mit den Weinfässern absehen mag. Gern hätten die Eltern es gesehen, wenn meine Schwester sich mit einem der alten Häuser verbunden hätte, welchem wir noch nicht nahe standen. Königsnah hätte ihnen wohl gefallen, doch Reesa hielt sich stur und ging solchen Anliegen geschickt aus dem Weg. Und das bis heute wohl mit Erfolg, so muss man sagen. Auf jeglichen Versuch, sie in diese Richtung zu bewegen, pflegte sie zu sagen, dass da schon ein Gott komme müsse, um sie zu einem Eheleben zu bewegen. So blieb den Eltern nur, zu beten, dass ein Wunder geschehen möge. Eines Tages hörte man des Nächtens immer wieder Schritte in ihrem Zimmer, die nicht von zarten Frauenfüßen zu kommen schienen und auch Stimmen wurden vernommen, die nicht allein die ihre waren. Doch sobald man herbeieilte, um nachzusehen, befand sie sich allein in ihrem Zimmer und erschien verwundert, dass jemand um diese Zeit zu ihr kam. So sehr man auch in sie drang, preis zu geben, wer sie aufsuchte, sie schwieg oder sagte 'Fragt Moch, der wird es schon wissen'. So vergingen viele Nächte, in denen wir uns abwechselnd auf die Lauer legten, ja sogar Mehl unter ihrem Fenster ausstreuten, doch nie konnten wir jemanden erwischen. So ging bald das Gerücht, meine Schwester träfe sich mit einem Gott auf ihrem Zimmer. Unsere Eltern suchten alsbald ein Gespräch mit ihr, um zu erforschen, ob man denn wohlmöglich Recht haben könnte. Doch schwer ist es zu sagen, ob sie dadurch schlauer wurden. Was auch immer sie fragten, sie erhielten keine Antwort, die auf dieses oder jenes schließen ließ. Wurde sie gefragt, wie sehr sie Moch liebte, so antwortete sie meist 'So sehr, wie man ihn lieben kann, sind wir nicht alle Kinder Mochs?' Die Zeit verging, wir hatten uns alle damit abgefunden, dass sich rätselhafte Dinge in ihrem Zimmer abzuspielen schienen und so sagten sich meine Eltern, solange nur geredet wurde, konnte ja nichts schlimmeres passieren und sie ließen es dabei bewenden. Zumal meine Schwester nach wie vor keine Anstalten machte, sich nach einem Eheleben zu sehnen. Dann hieß es irgendwann, man hätte sie gesehen, am helllichten Tage zwischen den Wiesen und Äckern, zusammen mit einem schlanken und dunklen Mann. Niemand wäre ihnen sehr nahe gekommen und keiner hatte ihn auch nur von vorne gesehen. Doch alle schworen sie, dass es nur Moch gewesen sein konnte. Wieder wurde Reesa befragt, doch sie lächelte lediglich geheimnisvoll. Und dann war sie eine Nacht vor Beltane einfach verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt! Keiner konnte sie auffinden und erst einen Tag nach Beltane war sie wieder daheim, als sei nichts geschehen. Nur wenige Monate später wurde deutlich, was die ganze Familie befürchtet hatte, meine Schwester war schwanger und noch immer wollte sie nicht über den Vater sprechen. Nach wie vor sprach sie immer nur 'Moch wird es schon wissen' und ließ uns damit stehen. Das Kind wurde zu seiner Zeit geboren und es hatte schwarzes Haar und helle Haut, so wie man den Fremden, hinter dem man Moch vermutete, beschrieben hatte. Gut nun, einige Jahre später hat das Kind sich herausgewachsen, die Haare sind heller geworden und die Haut von der Sonne gebräunt. Meine Schwester hat niemals mit uns über den Vater gesprochen und ich selbst weiß nicht, ob es wirklich ein Gott oder nicht vielleicht doch nur ein Herumtreiber und Gaukler war. Das Kind selbst erscheint in seinem Wesen wenig göttlich, sondern eher recht normal, wie ein Kind halt sein sollte. Und damit will ich diesen Abend beenden. Der Wirt wird müde sein und sich genau wie wir nach seinem Bett sehnen. Also, lasst uns unseren letzten Humpen leeren und uns zur Ruhe begeben. An einem anderen Abend werde ich euch gern eine neue Geschichte erzählen." Damit erhebt er sich, der Schöne, nimmt seinen Umhang, wirft dem Wirt eine Münze zu, verneigt sich in die Runde und geht. Der Abend ist nun schon längst in die Nacht übergegangen, die Zecher ziehen sich so aufrecht, wie es ihnen zu dieser Stunde nunmal noch möglich sein mag, zurück, der eilfertige Wirt schließt die Läden und verlöscht das Licht und auch wir wollen uns nun wieder zurückziehen. Doch ein Wort der Warnung sei noch angebracht, wir kennen nun nur die Seite Rhys und selbst er sagt, er vermag nicht zu sagen, ob etwas daran sein mag. Reesa mag wohl sagen, dass dieses alles Lügen seien. Womöglich würde sie lachen, den Kopf schütteln und uns einfach stehen lassen. Doch sei es wie es sei, ob das Kind nun von einem Gott oder von einem dahergelaufenen Landstreicher sein mag, hütet euch, die Geschichte an Reesa zu tragen, sie könnte es euch übel vergelten. So sagen wir eine gute Nacht und möge Moch euch segnen.

 

Verliebt in einen Gott?
Reesa
Jannine Wächter

 

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Stand:25.04.2016