Lächelnd sah sich Fiacha im Saal um.
Feach McLlyr, der Hügelprinz und Sohn und Nachfolger Arkans, mußte nie überredet werden, um ein Fest zu veranstalten, - und er hatte wieder alles mobilisiert, um auch dieses Fest zu einem Erfolg zu machen.
Die unterschiedlichsten Gäste waren geladen, unter anderem auch ein Oberweltler, den Fiacha nicht kannte, der aber für die Politik des Hügelreiches wohl eine wichtige Rolle spielte. Feach und Arkan waren in Verhandlungen mit diesem großen, breiten Mann vertieft (denn obwohl Arkan nicht mehr der Prinz der Thuach na Moch war, stand er dann und wann seinem Sohn bei Verhandlungen zur Seite, da er immer noch die besseren Kontakte zur Oberwelt pflegte!), und auch Jethro Cunack, der Halbbruder Arkans, nahm als Beobachter an den Verhandlungen teil.
Während Arkan in seiner typischen Art mit Händen und Füßen gestikulierte und Feach sich bemühte der Situation entsprechend ein ernstes Gesicht zu machen, beobachtete Jethro scheinbar gelangweilt lächelnd die Verhandlungspartner und nickte hin und wieder.
Man sah es den Männern vielleicht nicht an, es sei denn, man kannte sie gut, aber sie waren schon ziemlich alkoholisiert.
Fiacha war erst vor kurzem in den Palast zurückgekommen, und es hatte sich in der Zwischenzeit einiges verändert. Arkan war nicht mehr Hügelprinz, Jethro soll für eine kurze Zeit Anspruch auf diesen Posten erhoben haben, und nunmehr war herausgekommen, daß Feach McLlyr, der Kommandant der Garde, ein Sohn Arkans war, und er demnach einen größeren Anspruch auf den Thron des Hügelprinzen hatte als Jethro Cunack, - und somit war er nun der Prinz der Thuach na Moch geworden.
Die genauen Umstände hatte Fiacha noch nicht begriffen, aber niemand schien sich daran zu stören. Und da sie sich wenig um Politik scherte, kümmerte es sie umso weniger. Es war eigentlich egal, wer den Thron im Hügelreich inne hatte, - Hauptsache es war jemand, der sein Volk liebte und Schaden von ihm abwendete. Und in Fiachas Augen machte Feach McLlyr seine Sache soweit ganz gut.
Plötzlich wurde sie einer Person neben sich gewahr, welche sie um beinahe einen ganzen Kopf überragte. Es war Falena, Feachs estron-Frau, welche sie herzlich anlächelte und Fiacha einen Becher reichte.
"Hier, den habe ich noch für dich retten können," sagte sie.
Fiacha dankte ihr und nahm den Becher entgegen. Zu ihrer Freude stellte sie fest, daß es sich um Hügelbier handelte.
"Ist schon eine seltsame Familie, in die du hineingeheiratet hast, nicht wahr?" fragte Fiacha und nahm einen vorsichtigen Schluck.
Falena lachte belustigt.
"Oh ja, das kann man wohl sagen. Irgendwann, wenn wir mal ganz unter uns sind, werde ich dir mal die Umstände erzählen, wie ich Feach kennengelernt und in diese Familie eingeheiratet habe."
Fiacha lachte ebenfalls.
"Au ja, das würde mich brennend interessieren. Bisher hielt ich Feach immer für einen, - nun, wie soll ich mich ausdrücken? - dunklen Schatten, der ständig um Arkan herumschwirrte. Aber er hat sich inzwischen gemausert."
"Das macht wohl der Posten," überlegte Falena. "Er nimmt seine Aufgabe sehr ernst."
"Aber ich sehe ihn jetzt immerhin häufiger lachen
und trinken!" grinste die kleine Hügelfrau.
"Tja, wie der Vater, so der Sohn!" witzelte Falena.
Sie unterhielten sich noch ein wenig, bis schließlich zwei Männer auf sie zu kamen, und sie zum Tanz aufforderten. Fiacha zögerte erst noch ein wenig, aber Falena zog sie einfach mit auf die Tanzfläche.
Fiacha konnte nicht sagen, wie lange sie getanzt und zwischendurch getrunken hatte, aber schließlich suchte sie einen Platz auf, wo sie sich setzen und ausruhen konnte.
Es dauerte nicht lange, da gesellten sich Arkan, Feach und Falena zu ihr.
Arkan setzte sein strahlendstes Lächeln auf.
"Na?" fragte Fiacha ihn. "Waren die Verhandlungen erfolgreich?"
Immer noch grinsend schüttelte Arkan den Kopf.
"Eigentlich nicht," antwortete er. "Aber der Kerl wird morgen einen dicken Kopf haben, daß er nicht mehr weiß, ob er Männlein oder Weiblein ist."
"Geschieht ihm auch recht," kommentierte Feach etwas grimmig hinzu.
"Und wie sieht es mit Euch aus, mein Prinz?" fragte Fiacha schmunzelnd. "Werdet Ihr Euch morgen früh noch daran erinnern?" Mit einem Zwinkern fügte sie hinzu: "Besser gesagt, morgen mittag!"
Während Falena schallend lachte, schaute der Hügelprinz erst einmal konsterniert.
"Ihr seid gemein," maulte er.
"Och," meinte Fiacha, "Ihr wollt es doch gar nicht anders."
Wie üblich, wenn Fiacha und Feach aufeinandertrafen, kam es zu einem freundschaftlichen Wortgeplänkel zwischen den beiden.
Arkan grinste und bemerkte: "Geschieht dir nur recht, mein Sohn!"
Er beugte sich mit einer vertraulichen Geste zu Fiacha hinüber und sagte laut, so daß sein Sohn es ganz deutlich hören konnte: "Wenn du mich heiraten würdest, Fiacha, dann wärest du seine böse Stiefmutter." Dabei zeigte er mit dem Daumen auf Feach. "Das würde ihm wohl ganz und gar nicht gefallen, denke ich." Und er lachte.
Fiacha und Falena stimmten in sein Lachen mit ein.
"Dann bekäme aber der Begriff 'böse Stiefmutter' eine ganz andere Bedeutung," antwortete Fiacha und schaute den Hügelprinzen herausfordernd an.
Dieser erwiderte den Kommentar mit einem verkniffenen Grinsen.
"Das könnte mir gefallen," warf Falena ein. "Dich als meine Schwiegermutter zu haben, könnte mir wirklich gefallen." Wofür sie von ihrem Mann erst einmal einen vernichtenden Blick erntete.
"Frauen!" brummelte er und nahm einen großen Schluck aus seinem Kelch.
Während die Feier in vollem Gange war, fiel Fiacha auf, daß der Hügelprinz sie und Arkan prüfend beobachtete. Arkan, schon ziemlich angetrunken, nahm es nicht wahr, doch ihr schien als plante der Prinz der Thuach na Moch etwas, - und sie ahnte auch, was es war.
Sie nahm Feach beiseite.
"Schlagt es Euch aus dem Kopf," sagte sie leise zu ihm.
Feach McLlyr setzte den unschuldigsten Blick auf, den er zustande brachte, und fragte: "Was denn?"
"Ihr plant doch etwas, - und ich glaube zu wissen, was!"
"So?" meinte Feach grinsend. "Ihr glaubt zu wissen, was ich plane?"
"Ja," antwortete Fiacha. "Und es wird nicht funktionieren."
"Und wieso nicht?"
"Weil Arkan sich weigern würde," stellte Fiacha fest.
"Und wie sieht es mit Euch aus, Fiacha? Würdet Ihr Euch weigern?" Aus Feachs dunklen Augen schienen kleine Blitze zu sprühen.
Fiacha legte den Kopf schief. Ihr Blick fiel auf Arkan, der, von Leuten umringt, wieder seine Geschichten zum Besten gab.
"Ihr scheint ja tatsächlich darüber nachzudenken," bemerkte Feach neckend.
"Nun ja," machte Fiacha. "Man hatte schon seit meiner Ankunft damals hier im Kristallpalast darüber geredet, daß ich mir den Hügelprinzen schnappen wollte," sie spuckte diese Worte aus, "um somit zu Einfluß und Macht zu kommen. Jetzt, da Arkan kein Prinz mehr ist, könnte man mir diesen Vorwurf zumindest nicht mehr machen, nicht wahr?"
Feach nickte, sagte aber nichts.
Die kleine Hügelfrau blickte an ihm hoch. Ihr ernster Blick machte einem bösartigen Lächeln Platz.
"Außerdem täte es mir wirklich gefallen, Euch zum Stiefsohn zu haben."
Feach grinste zurück.
"Und mir täte es gefallen, meinen Vater unter die Haube zu bringen!"
Feach zwinkerte ihr verschwörerisch zu, und sie lachten beide so laut, daß sich einige Gäste umschauten.
Nachdem sie wieder zu Atem gekommen waren, gab Fiacha zu Bedenken: "Aber, wie gesagt, es würde nicht funktionieren, so reizvoll der Gedanke auch sein mag. Arkan würde niemals zustimmen."
"Das laßt nur mal meine Sorge sein," antwortete Feach. "Das regel ich schon. Schließlich bin ich der Hügelprinz."
Fiacha zuckte mit den Schultern. "Wenn Ihr meint!"
Daraufhin verabschiedete Feach sich artig von ihr, - und steuerte schnurstracks auf seinen Onkel Jethro Cunack zu. Dieser schaute zunächst verdutzt auf, als sein Neffe ihn ansprach und beiseite nahm. Doch nach einer Weile konnte Fiacha ein Aufblitzen in den Augen des Oberweltlers erkennen, - und er nickte.
Es vergingen einige Tage, und Fiacha gewöhnte sich langsam wieder an das Palastleben. Sie verbrachte viel Zeit mit der Frau des Hügelprinzen und stellte fest, daß, so unterschiedlich auch ihre Herkunft war, sie viele gemeinsame Interessen hatten.
Fiacha bemerkte, daß der Prinz dieses mit skeptischen Blicken quittierte, - aber er sagte nichts dazu. Und sie meinte ihn hier und da brummeln zu hören: "Frauen!"
Und natürlich verbrachte Fiacha auch viel Zeit mit Arkan. Die Gerüchte über ihr Verhältnis flammten erneut auf, aber dieses Mal nahm Fiacha es mit einiger Genugtuung auf. Selbst, wenn sie ein Verhältnis miteinander hätten, so überlegte sie, könnte man ihr zumindest nicht mehr vorwerfen, sie wolle sich damit irgendwelche Privilegien "erschleichen".
Eines Abends, - es wurde wieder einmal gefeiert -, stand der Hügelprinz von seinem Thron auf und bemühte sich um Gehör. Es dauerte ein wenig, bis die Gespräche und das Gebrülle abebbten, aber schließlich siegte die Neugierde, was denn der Prinz zu verkünden hätte.
Feach McLlyr räusperte sich und richtete sich zu voller Größe auf.
"Ich bitte Fiacha zu mir!" sagte er laut.
Fiacha, völlig unvorbereitet, schaute sich erst einmal verdutzt um. Alle sahen sie an, - und jetzt wußte sie, daß sie gemeint war.
Langsam und unsicheren Schrittes näherte sie sich dem Thron.
Feach blickte freundlich auf sie herab, dann wandte er sich der Gesellschaft zu.
"Ich, Feach McLlyr, Prinz der Thuach na Moch, verkünde heute hiermit, daß Fiacha, die Jägerin, von heute an Statthalterin der Stadt Cor Finias sein soll."
Die Menge schaute zunächst genauso erstaunt drein, wie Fiacha selbst, aber schließlich vernahm sie das Klatschen und den Jubel.
"Fiacha," fuhr Feach fort, obwohl seine Worte im Beifall weitestgehend untergingen, "hiermit schenke ich dir die Stadt Cor Finias. Zeig dich dieser Aufgabe als Statthalterin würdig
.."
Den Rest hörte sie kaum noch. Sie merkte nur noch, daß Feach ihr irgendwas in die Hand drückte, ihr auf die Schultern klopfte, und sie angrinste.
Verlegen lächelnd bedankte sie sich und ging zu ihrem Platz zurück. Da stand Arkan, die Arme ausgebreitet, und drückte sie fest an sich. Sie erwiderte die Umarmung.
"Meine besten Glückwünsche!" sagte er und strahlte sie an.
"Danke," antwortete sie, immer noch verlegen, aber schon etwas entspannter. "Ich weiß gar nicht, womit ich das verdient habe."
"Ist doch egal! Der Hügelprinz kann dir schenken, was er will. Ich weiß das. Ich hab' das auch schon mal gemacht." Und er grinste breit. "Es bedeutet einfach nur, daß du die Gunst des Prinzen errungen hast. Aber es bedeutet auch, daß du dich um diese Stadt von jetzt an zu kümmern hast."
Erstaunt sah sie Arkan an.
"Aber, aber
das kann ich doch gar nicht! Ich habe davon doch gar keine Ahnung."
Beruhigend umfaßte er ihre Taille.
"Mach dir keine Sorgen," sagte er leise. "Ich helfe dir, - und ich habe jahrelang ein ganzes Reich geführt. Ich habe da so meine Erfahrungen."
Fiacha wußte jedoch nicht, ob sie jetzt nicht eher beunruhigt sein sollte oder nicht.
Das Geschenk
Fiacha
Carolin Gröhl